Ein Hoch auf die Tassen!

Haben Sie Tassen im Schrank? Dann können Sie auch kochen und backen! Noch heute findet man in Rezepten aus den USA kaum Gewichtsangaben, alles wird in Cups (Tassen) gemessen. Die einfache und praktische Idee geht auf eine findige Köchin zurück: Fannie Merritt Farmer ist so etwas wie die amerikanische Betty Bossi der vorletzten Jahrhundertwende.

Backen mit Tassen wie in den USA

Backen mit Tassen wie in den USA
Die amerikanische Art, zu backen: Mit dem Becherkuchen-Set «Cup» von Betty Bossi gehts easy!

Cupcakes - mal anders: Nicht die kleinen, üppig dekorierten Küchlein stehen hier im Mittelpunkt, sondern die amerikanische Art, zu backen und zu kochen. Die Idee ist bestechend einfach und praktisch: Mehl, Zucker, Flüssigkeiten und alle weiteren Zutaten werden einfach im richtigen Verhältnis zueinander in einer Tasse, dem Cup, abgemessen; das Abwägen erübrigt sich. Kleine Mengen werden mit Löffeln dosiert.

Dieser «American Way of Cooking» ist für Betty Bossi nicht neu: Das 2005 erschienene Buch Cake-Festival widmete dem unkomplizierten Backen mit Tassen ein ganzes Kapitel unter dem passenden Titel «Easy Cakes».

Mit dem Becherkuchen-Set «Cup» geht der amerikanische Backspass nun in eine neue Runde!

Tassen-Rezept aus dem Buch Cake-Festival: Karibik-Cake

Auf dem Weg in den Wilden Westen

Auf dem Weg in den Wilden Westen
Eine Blechtasse hatte man auch auf beschwerlichen Reisen immer dabei - sie diente nicht nur zum Kaffeetrinken.

Kaum zu glauben: In den USA misst man bis heute in der Küche alles in Cups ab, kein anderes Land hielt so standhaft am Messen statt Wägen fest. Über die Gründe für die andauernde Vorliebe der Amerikaner für die Tasse kann man nur mutmassen - vielleicht geht sie auf die Einwanderer zurück? Denn der Weg in den Wilden Westen war lang und beschwerlich, leichtes Gepäck war von grossem Vorteil - das galt auch für Küchenuntensilien. So verzichtete vielleicht die eine oder andere Köchin auf eine sperrige Küchenwaage und behalf sich auf der Reise ins Land der unbeschränkten Möglichkeiten beim Abmessen von Kochzutaten stattdessen mit einer Tasse.

Damit sich das Cup-System aber so nachhaltig etablieren konnte, brauchte es die Autorität einer resoluten Köchin und Buchautorin, ähnlich wie Betty Bossi heute in der Schweiz gelingsichere Kochtrends setzt!

Fannie Farmers Tasse: das Mass aller Dinge

Fannie Farmers Tasse: das Mass aller Dinge
Fannie Farmers Credo: Eine Tasse wird immer gestrichen gemessen.

Fannie Merritt Farmer (1857-1915) war Köchin aus Leidenschaft. Sie veröffentlichte 1894 «The Boston Cooking-School Cookbook» (das Kochbuch der Bostoner Kochschule), das noch heute als Standardwerk der US-amerikanischen Küche gilt. Fannie Farmer ärgerte sich masslos über die vagen Mengenangaben wie zum Beispiel «eine Handvoll Mehl» oder «ein Fingerbreit Milch» in den damaligen Kochbüchern: «Korrekte Massangaben sind absolut nötig, um beste Ergebnisse zu erhalten», schrieb sie in ihrer Kochbibel. Sie hielt die Messtasse für tauglicher als jede Waage und befahl kategorisch: «Eine Tasse wird gestrichen gemessen, ein Löffel wird gestrichen gemessen!» So beruht das Prinzip der Tasse auf dem relativen Verhältnis der Zutaten zueinander, nicht auf ihrem absoluten Gewicht.

Das Kreuz mit dem Mass

Das Kreuz mit dem Mass
Die Zutaten für die Aprikosenküchlein im Glas (Mug Cakes, siehe Abschnitt unten) wurden gewogen, nicht gemessen.

Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass moderne, handliche Waagen gegenüber dem Cup-System zuverlässigere und schnellere Messresultate liefern. Und doch leben die über 300 Millionen Amerikanerinnen und Amerikaner glücklich mit der Tasse statt der Waage. Fantasievolle Koch- und Backtrends wie Cupcakes und Rainbow Cakes kommen aus Küchen, in denen Mehl und Zucker gemessen, nicht gewogen werden. Auf die Backfantasie hat das nostalgische Messsystem also zum Glück nur positiven Einfluss.

Die geeichte amerikanische Messtasse beinhaltet übrigens exakt 236,5882365 ml. Weil dies für Gramm- und Liter-gewohnte Köchinnen und Köche ein recht unhandliches Mass ist, gibt es Umrechnungstabellen, so auch im Rezeptbüchlein zum Becherkuchen-Set «Cup» von Betty Bossi (die Betty Bossi Messtasse ist auf 240 ml gerundet).

Rezept: Aprikosenküchlein im Glas

Noch mehr Tassen: Cupcakes und Mug Cakes

Noch mehr Tassen: Cupcakes und Mug Cakes
Mug Cakes werden in kleinen Tassen gebacken und serviert: Mocca-Cailler-Küchlein.

Cups, also Tassen, spielen beim Backen ein vielfältige Rolle. Am bekanntesten sind sicher die sogenannten Cupcakes: kleine Küchlein mit üppigen Toppings aus Buttercreme, hübsch verziert - zum Essen fast zu schade! Sie durften auf keiner Party fehlen und verleiteten zu hemmungslosem Schlemmen. Mittlerweile ist der Cupcakes-Trend etwas abgeklungen, aber schmecken tun sie natürlich immer noch sündhaft gut.

Eine weitere Variante sind die Mug Cakes oder Becherküchlein (engl. mug: Becher), die in Tassen oder auch in kleinen Weckgläsern serviert werden (siehe Abschnitt oben). Sie sind schnell gemacht und können - je nach Rezept - sogar in der Mikrowelle zubereitet werden.

Rezepte:


Text: Gina Graber
7. September 2015